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Mercury Magnetics Trafos

Mercury Magnetics Trafos

Meine Meinung zu diesem Thema :

Mir ist bewußt, dass ich mit diesem Beitrag über Mercury Magnetics Trafos viele Leute vor den Kopf stoßen werde und mir von Einigen sämtliches Fachwissen und jegliche Kompetenz in Fragen Sound eines Röhrenverstärkers abgesprochen werden wird.

So sei es.

Super Reverb Chassis mit Mercury Magnetics Reverübertrager, Ausgangsübertrager, Drossel und Netztransformator (von links nach rechts).

Warum schreibe ich diesen Post überhaupt ?

Fast täglich schreibe und versende ich Angebote für Gitarrenverstärker an potentielle Kunden. Viele haben Sonderwünsche. Die Preislisten für die Verstärker auf meiner Web-Seite reichen deshalb nicht aus.

Das ist normales Tages-Geschäft und ich beschwere mich nicht darüber, denn ich biete ja jede Menge an Optionen und Sonderwünschen für die Verstärker an, ohne Preise anzugeben.

Allerdings gibt es für mich einen, nach vielen Jahren ersichtlichen, direkten Zusammenhang zwischen dem Erfolg eines von mir verfaßten Angebotes und dem Wunsch des potentiellen Kunden, für seinen Verstärker Mercury Magnetics Trafos als Option zu bestellen.

Ich kann mit 95%iger Wahrscheinlichkeit sagen, daß ein MM-Wunschkunde den Amp nicht bestellen wird.

Sämtliche Korrespondenz und das Erstellen des Angebotes ist damit mehr oder weniger verlorene Zeit.

Für den Kunden und für mich.

Warum passiert das so oft?

Der Kunde hat meist im Internet gelesen und manchmal auch von Mitmusikern gehört, daß die Trafos der Firma XY (z.B. die von TAD oder MOJO) doch nicht sooo gut seien und die Trafos von Mercury Magnetics VIEL besser.

Wie sie zu dieser Aussage kommen ist fast immer unklar.

Man könnte zu dieser Aussage kommen, wenn man bei einem vorhandenen Amp, dessen Klangverhalten man dann aber auch aus dem Effeff kennen sollte, die vermeidlich “üblen” Trafos mit MMs ersetzten würde und dann den Vergleich HÖRT.

BTW : Das akustische Gedächtnis eines Menschen ist etwa 30 Sekunden lang.

Man könnte den Amp mit den “üblen” Trafos aufnehmen und dann später, mit genau den selben Einstellungen, mit den selben Lautsprechern, im selben Raum, mit dem selben Mikrofon, im selben Abstand zu den Speakern , mit der selben Position des Mikros innerhalb des Speakers , mit dem selben Gitarristen, der selben Gitarre, dem selben Kabel, den selben Saiten mit GENAU der selben Spieltechnik und Anschlagstärke, die Aufnahme mit Mercury Magnetics wiederholen.

Ach ja – das Plektrum und Gitarrenkabel sollte auch das Selbe sein ;-).

Dann könnte man beide Aufnahmen abwechselnd A/B hören und einen Vergleich anstellen.

Haben die Leute aus den Foren so etwas je getan ?

Ich behaupte : Nein.

Wie kommen sie denn dann darauf, dass die MMs so überlegen sein sollen ?

Sie haben es in Internet Foren gelesen oder von anderen gehört.

Wenn es gut läuft, haben einige Forum-Schreiber tatsächlich MMs bestellt und eingebaut.

Während dieses Prozesses haben sie mehrere hundert Euro (dazu später mehr) ausgegeben und entweder viele Stunden Arbeit investiert oder, wahrscheinlicher, noch mehr Euros für den Austausch der Trafos bei einem Techniker bezahlt.

Jetzt haben Sie also in einen 1200€ Amp 700-800€ rein-gesteckt.

Wie werden sie das Ergebnis finden ?

Wahrscheinlich phänomenal und großartig.

Alles andere wäre das Eingeständnis eines Fehlers, oder zumindest einer vermeidbaren Geldausgabe und das gilt es zu vermeiden.

Das ist Küchenpsychologe 1.0.

Ich will sachlich bleiben

und folgende Punkte klarstellen :

  • Mercury Magnetics baut sehr gute Trafos, daran habe ich keinen Zweifel
  • Mercury Magnetics hat eine Weltklasse Marketingabteilung
  • Ich verstehe vollkommen die Motivation der Gitarristen, bei einem eigens für sie gebauten Amp eben nur die vermeintlich besten Teile verwenden zu wollen
  • Ein extrem billig gebauter Amp wird auch extrem billig gebaute Trafos verwenden ; der Ersatz dieser Trafos durch MMs IST eine Aufwertung dieses Amps
  • Ich selbst verwende auch gern MMs, aber eigentlich nur weil sie so schon farbig gestaltete Trafoabdeckbleche haben ; sieht einfach gut aus !
  • Ich habe nichts gegen MM Trafos und ich habe auch nichts gegen Leute, die diese Trafos kaufen und verwenden
  • Keinesfalls will ich die Leistung von Trafo-Wicklern gering schätzen. Es gehört viel Wissen und Erfahrung dazu, gute Trafos zu fertigen. Das trifft aber auch auf alle anderen Bauteile wie Röhren, Kondensatoren usw. zu. Ich selbst könnte keinen guten Übertrager herstellen.

Mercury Magnetics hat es geschafft, ein Premiumhersteller unter den Trafosherstellern zu werden.

Etwa so wie Mercedes bei den Autos, oder Glashütte bei den Uhren.

Ich gratuliere ihnen dazu.

Es spricht auch überhaupt nichts gegen Premiumhersteller. Ich wünschte, ich hätte diesen Status bereits.

Fakt ist aber auch :

Mercury Magnetics Trafos sind extrem teuer.

Man kann das überteuert nennen, oder Premium…ganz wie man will.

Genau hier liegt der Hase im Pfeffer, wenn ich wieder auf meine Angebote zurück kommen darf.

Ein Mercury Magnetics JTM45 Beispiel :

Nehmen wir ein JTM45 Topteil.

Ein Kunde möchte ein PPIMV Master Volume und Mercury Magnetics Trafos als Optionen mit angeboten bekommen.

Er hat da im Internet gelesen, dass……

OK, kein Problem.

Das Standard JTM45 Topteil kostet zur Zeit (22.02.2017) 1426€, fertig aufgebaut, verdrahtet, geprüft und spiel-bereit. Das ist günstiger als ein China-Platinen JTM45 bei Thomann. Unglaublich.

Ein PPIMV Master auf der Rückseite des Amps kostet 45€.

So, nun zu den Mercury Magnetics :

Schauen wir mal nach was die kosten.

Wir brauchen :

  1. Den Netztransformator.
  2. Die Siebdrossel
  3. Den Ausgangsübertrager

Der Netztransformator (PT von Power Transformer) :

Seine Aufgabe ist es, die in unserem Stromnetz (230V) vorhandene Spannung in andere Spannungen, die intern im JTM benötigt werden, umzuwandeln. Im Grunde sind das mehrere Wicklungen aus Kupferdraht, die um ein Paket aus Stahlblech gewickelt werden.

Ein solcher Trafos muß also mit unserer 230V Volt Netzspannung arbeiten können und sollte die richtigen Spannungen, mit dem richtigen Strom, daraus bereitstellen.

In diesem Fall wären das :

  • etwa 345-0-345V@200mA für die Hochspannung der Röhren, die mit einer Gleichrichterröhre erzeugt wird
  • 3.15 V-0-3,15V @ 6A für die Heizspannung der Röhren
  • 5V @ 3A für die Heizspannung der Gleichrichterröhre

Kann nun ein MM Trafo diese Spannungen und Ströme irgendwie “besser” bereitstellen als ein anderer Trafo (der auch die Spezifikationen erfüllt) ?

Nein.

Könnte er sonst irgendwie besser sein ?

Ja, könnte er. Er könnte besser gefertigt sein und weniger Eigen-Brumm aufweisen.

Der PT könnte besser geschirmt sein und z.B. ein Flux-Band besitzen (verhindert das Einstreuen von Brummstörungen in andere Verstärkerbaugruppen).

Auch könnte er großzügiger dimensioniert sein und nicht schon bei Normalbetrieb sehr / zu heiß werden.

All Das könnte sein und wenn der Original-Netztrafo eines JTM45 XY sehr mies wäre, dann träfe der eine oder andere Punkt sicher zu und der MM PT wäre eine echte Verbesserung für diesen Amp.

Sind die von uns verwendeten Netztrafos so mies ? Nein, natürlich nicht.

Bringt ein MM Netztrafo gegenüber unseren Standard Netztrafos irgendeine Verbesserung ?

Nein.

IGPW Trafo Set JTM45
Von links nach rechts : Netztrafo, Ausgangsübertrager, Siebdrossel. Hier von der leider nicht mehr aktiven deutschen Firma IGPW.

Siebdrossel :

Wieder ist das nur eine Kupferdrahtwicklung, gewickelt um ein Paket aus Stahblech.

Die Siebdrossel glättet die Hochspannung nach der Gleichrichterröhre. Sie entfernt die Welligkeit / Brumm aus der Spannung, damit unser Amp nicht zu sehr brummt.

Dazu nutzt sie eine Eigenschaft der Induktivität, die sich Änderungen im Stromfluß widersetzt und somit die Änderungen (Welligkeit) im Strom mehr oder weniger glatt bügelt. Den Rest verheizt die Sieb-Drossel in Wärme.

Damit das im JTM45 funktioniert, muß die Drossel eine bestimmte Induktivität (angegeben in Henry) bei einem bestimmten Strom (mA) besitzen.

Jede Drossel dieser Welt ist mit diesen beiden Spezifikationen angegeben.

Wenn wir jetzt also von einer ordentlich gefertigten Drossel ausgehen :

Was kann eine MM Drossel besser machen ?

Nichts.

Sie kann anders dimensioniert sein, ja. Sie könnte mehr Induktivität besitzen und mehr Brumm entfernen.

Wenn sie aber für den JTM45 dimensioniert ist, muß sie das gar nicht (tut sie auch nicht, nach meiner Erfahrung).

JTM45 mit Mercury Magnetics
Alle Trafos auf dem Chassis eines JTM45 Reissue.

Der Ausgangsübertrager :

Hier wird es ein bißchen komplizierter. Der Austausch des Ausgangsübertragers (OT / von Output Transformer) kann tatsächlich eine Änderung des Klanges bewirken.

Der OT wandelt die hohen Spannungen und geringen Ströme an den Endstufenröhren in für Lautsprecher passende geringe Spannung mit hohen Strömen um.

Der Aufbau ist ähnlich wie beim Netztrafo. Mehrere Kupferwicklungen sind um ein Stahlblechpaket gewickelt.

Dabei muß der Trafo-Bauer aber einiges beachten :

  • Der OT muß eine für den verwendeten Endstufenröhrensatz geeignete Eingangsimpedanz bereitstellen (Raa).
  • Der OT muß mit dieser Impedanz auf der Ausgangsseite die richtigen Lautsprecher-Impedanzen liefern können (z.B. 4+8+16Ohm).
  • Dazu benötigt der OT ein bestimmtes Übertragungsverhältnis.
  • Seine Bandbreite sollte für die Verstärkerleistung geeignet sein. Je mehr Leistung durch den OT gejagt wird, um so geringer wird seine Bandbreite.

Ein ZU kleiner OT wird die Bässe früh beschneiden und komprimierter klingen, wenn hohe Leistungen gefordert werden. Auch fängt der OT dann selbst an zu “verzerren” und der Sound ändert sich entsprechend.

Ein ZU großer OT kann etwas zu “HiFi” klingen.

Die Bandbreite zwischen fL (untere Grenzfrequenz) und fH (obere Grenzfrequenz) wird mit zunehmender Leistung kleiner.

Je nach Geschmack und Anwendung.

Wann also z.B. ein JTM45 Besitzer eher eine frühe Verzerrung wünscht, bei der es wenig “matschen” soll (Bässe werden beschnitten), dann fährt er mit einem kleineren OT besser.

Ein STONER-Freund, der fette, klare Bässe und saubere Abbildung seiner Gitarre wünscht, wird mit einem größeren OT zufriedener sein.

Nun gibt es Hersteller die angeben genau die, in einer bestimmten Zeit, verwendeten Übertrager exakt zu kopieren. Mit allen eventuellen Abweichungen beim Raa (siehe oben) oder auch der Blechgröße.

Beim JTM45 sind besonders “Radio Spares” Kopien von Übertragern sehr beliebt. Warum ? Weil es in der Marshall Geschichte eine Zeit gab, in der die Firma ihre OTs von einer Firma namens “Radio Spares” einkaufte.

Das ist recht lange her. Lange her = alt. Alter Verstärker = gut, also alter Übertrager = gut.

Die Firma Marshall ist keine Heilsarmee, sondern eine Firma. Als Firma denkt man in Kosten-Nutzen Strukturen.

Wenn also die Nachfrage nach JTM45 Modellen hoch war, mußte man geeignete Übertrager zu einem vernünftigen Preis, in der benötigten Menge besorgen.

So gab es eben auch eine Zeit, in der die Firma “Radio Spares”, die Teile für die Audioelektronik anbot (so wie heute Conrad bei uns), die passende Menge Übertrager zum passenden Preis liefern konnte und den Zuschlag bekam.

Die Firma Radio Spares gibt es übrigens heute immer noch, nur heißen sie jetzt “RS Components“.

Heute werden diese alten Übertrager als eine Art Gottesgeschenk verehrt. Dabei sind sie nur eines : Ganz normale Übertrager mit bestimmen Spezifikationen.

Was kann also ein Mercury Magnetics JTM45 Trafo besser als ein anderer Übertrager ?

Besser kann er nichts. Er kann anders sein.

Das können aber auch andere Übertrager von anderen Herstellern.

Wir verwenden hochwertige Übertrager, die den Spezifikationen entsprechen. Damit klingen unsere JTM45 sehr, sehr gut.

Mit Mercury Magnetics Übertrager werden sie unter Umständen anders klingen.

Ob das besser ist oder nicht, muß der Gitarrist entscheiden.

Butter bei die Fische :

Das war jetzt alles nur Vorgeplänkel.

Zurück zum eigentlichen Grund meines Beitrages: Die Kosten, oder warum meldet sich kein “Mein Amp soll Mercury Magnetics Trafos bekommen!” Kunde mehr ?

Ausgangspunkt ist z.B. :

“Bitte biete mir den JTM45 mit PPIMV und Mercury Magnetics Trafos an”

Jut, mache ich.

Den Grundpreis des JTM45 von 1426€ kennen wir schon.

Dazu kommt ein PPIMV mit 45€.

Mercury Magnetics :

Auf der Seite dieses Herstellers finden wir die aktuelle Preisliste für Marshall Verstärker :

Mercury Magnetics

Scrollen wir hinunter zum Netztrafo :
Mercury Magnetics Netztrafo

Da wir ein 230V Netz haben und die Amerikaner 120V, benötigen wir einen Netztrafo mit “universal voltage primary”.

Ein geeignetes Modell mit 5V Heizspannung für eine Gleichrichterröhre ist der P4550JT-G2. Allerdings wird dieser Trafo liegend montiert, so dass wir hier einen Ausschnitt im Chassis benötigen.

Dieser Trafo kostet 281USD, was jetzt etwa auch 281€ entspricht.

Weiter zum Ausgangsübertrager :
Mercury Magnetis Webshop

Hier wird oft der O45RS-L gewünscht. Eben “original Radio Spares”.

Dieser OT kostet 281USD, was wieder etwa 281€ entspricht.

Die Siebdrossel :
Mercury Magnetics Drossel

Alle kosten gleich viel, haben die selben Spezifikationen und sind natürlich alle “orignal design”. ?

Diese MM Drossel kostet etwa 48€.

Bei meiner letzten MM Bestellung kostete mich der Versand dieser Menge Eisen etwa 64USD, also 64€.

Mercury Magnetic Preise

Summe :

PT 281€ + OT 281€ + Drossel 48€ + Versand 64€ = 674€

Dieses Paket wird zum Dresdner Zoll geliefert.

Ich setzte mich ins Auto und hole es dort ab, erledige den Papierkram und zahl die Einfuhrumsatzsteuer + Zoll.

674€ x 1,5% Zoll + EUSt 19% = 842€

Weil ich die anderen Trafos nicht einkaufen muß, kann ich 225€ von den 842€ abziehen = 617€.

Für den Aufwand der Bestellung, Anpassung der Verdrahtung des Amps, Bezahlung, Buchhaltung und Zollformalitäten berechne ich einen Mehraufwand von 3 Stunden, also 3×35€= 105€.

Mehrkosten Set Mercury Magnetics für einen JTM45 : 722€

Das JTM45 Topteil kostet jetzt also nicht mehr 1471€ (JTM45+PPIMV), sondern 2193€.

Das ist immer noch viel günstiger als der hand wired JTM45 bei Thomann, mit 2799€, aber der Unterschied zum Preis der vorher auf meiner Standard-Preisliste zu sehen war ist offenbar so groß, daß die Leute ohne Rückmeldung abspringen.

Das ist ihr gutes Recht und ich klage hier niemanden an.

WEBER Lauitsprecher im Super Reverb
Super Reverb mit WEBER Speakern und Mercury Magnetics Transformatoren

Mich würde es dennoch sehr freuen, wenn diesen Beitrag möglichst viele potentielle Amp-Käufer vor ihrer Anfrage nach einem Verstärker lesen würden.

Mit den Links oben im Beitrag kann man die ungefähren Kosten jetzt auch sehr gut selbst abschätzen.

Das Gleiche gilt auch für WEBER Lautsprecher. Auch hier kann man die Dollarpreise mit etwa 40€ Versandkosten addieren und diese Summe dann mit 1,19 multiplizieren. Das sind dann etwa die reinen Kosten.

 

9 Comments

  1. Ferdi



    Ich habe einen 18W TMB (es waren zwei, einen habe ich weiterverkauft), einen Princeton Reverb und einen JTM45 von dir (den du nach einem Trafoschaden komplett neu aufgebaut hast), außerdem hast du meinen Twin Reverb zur Hälfte neu aufgebaut (der hat übrigens auch einen Ausgangsübertrager vom TAD).
    Jeder dieser Amps klingt so gut, dass ich die Amps in den Musikgeschäften erst gar nicht anmachen brauche und ich wundere mich teilweise SEHR, dass Gitarristen, die besser sind als ich, mit soviel flacher klingenden Amps zufrieden sind. Zugegeben, der JTM45 hat Trafos von IG. Trotzdem oder gerade deshalb würde ich sagen, dass ich gut beurteilen kann, wie gut die Amps sind, die du aus den TAD-Bausätzen anfertigst. Ich gebe ihnen 12 von zehn Punkten.

  1. Uli



    ich habe mich schon lange nicht mehr von einem Artikel gleichzeitig so bestätigt gefühlt und so amüsiert – sehr pointiert geschrieben!

    “Leider” bin ich mit einem handwired Princeton Reverb derzeit gut versorgt, aber ein guter handverdrahteter JTM45 wird irgendwann dazu kommen …

    Uli

  1. FF



    Hallo,
    ich bin seit ein paar Wochen stolzer Besitzer eines Ritter Plexis (hab ihn gebraucht erworben) und vom Sound sehr beeindruckt. Ich höre keine nennenswerten Unterschiede zu meinem 76er Marshall. Ich “höre”, dass die AÜ’s von TAD wirklich top sind was die Reproduktion des “Plexi” Klangs angeht. Ich war am Anfang auch skeptisch, aber ich bin jetzt überzeugt.
    Kann also das oben geschriebene nur (nachdrücklich) bestätigen.
    Und den Amp jedem Plexi Fan empfehlen . . .



  1. Was für ein guter Kommentar! Ja, genau so ist es. Viel Voodoo und keiner weiß warum. Ich danke dir für Deine Mühe die du dir mit diesem Kommentar gemacht hast. Ich kenne diese Wünsche an Amp-Bauer nur zu gut und teile deine Meinung voll und ganz. Gerade das Thema Trafos ist in Europa nicht ganz so einfach zu lösen und manchmal bleibt als Kompromiss nur noch der Griff zu Hammond, wo ich die Auswahl und Qualität über alles schätze.

    Gerne würde ich diesen Kommentar auf Facebook verlinken. Darf ich?

    Gruß Germer von AMPWERK

    • Tilman



      Hallo Germer de Raad,

      vielen Dank für Deinen positiven Kommentar.
      Natürlich darfst Du den Beitrag verlinken :-).
      Viele Grüße !
      Tilman



  1. Ein sehr interessanter Post, den ich absolut nachvollziehen kann. Obwohl ich sagen muss, dass ich einen RI Tweed Bassman mit MM versehen habe und hier tatsächlich ein deutlich besserer Ton entstanden ist. Das wäre vermutlich auch mit einfach gut hergestellten Trafos passiert.
    Aber absolut unterschreiben kann ich das mit Weber Lautsprechern. Es sind tolle Lautsprecher. Keine Frage. Aber auch Weber wie MM kochen nur mit Wasser. In einem Blindtest mit absoluten Weber Freaks testete ich Weber gegen WGS in meinem 64er Super Reverb. Die Mehrheit fand am Ende die WGS besser, die einfach nur einen Bruchteil der Weber kosten. Spannend oder?
    Und du hast absolut Recht, dass Marshall und auch Fender nur eine Firma sind, die ihre Marge steigern will durch günstigen Einkauf.
    Also, ich kann es verstehen und danke für den Post

    Fabian



  1. Moin,
    was mußte ich eben lachen! Ein Kunde von mir hatte mich nach meiner Meinung zu Trafos, und auch zu MM gefragt, und ich habe ihm aus meiner Sicht der Dinge geantwortet. Ich habe einige Amps gebaut mit den verschiedensten Trafos, …. aber das nur am Rande. Meiner Antwort an den Kunden folgte eine Mail von ihm, mit dem Link zu dieser Seite. Warum ich so lachen mußte? Weil das hier die Super ausführlich Fassung ist von meiner Mail Antwort an ihn, die in kompakterer Form exakt, aber wirklich exakt das gleiche ausgesagt hatte. Danke für diesen vergnüglichen Start in das heute beginnende Wochenende. Grüsse, Acy, Acys Guitar Lounge. ?

  1. Bert



    Hallo,
    tatsächlich hat Manfred Zollner einen Versuchsaufbau mit einem Modularen Gitarrenverstärker aufgebaut. Man konnte sozusagen zwischen verschiedenen Tonestacks, Eingangsstufen, PIs, etc. hin und herschalten. Unter anderem Waren ca. ein halbes duzend AÜs dabei von unterschiedlichen Preisklassen. Ich war bei der Guitar Summit an dem Stand gestanden und habe selbst durchgeschalten. Ich habe quasi nur einen Unterschied gehört, als ein Trafo angewählt wurde, der nicht den normalen Specs entsprochen hat.

    Mein Fazit: sobald ein Trafo eine gewisse Qualität hat, erfüllt er seinen Zweck vollkommen. Ich habe bisher in meinen Bauten Hammond und Tube-Town Trafos eingebaut – alle Amps klingen geil. Mittlerweile ist das TT-Sortiment ganz gut. Einige Jahre habe ich das Angebot von Ingo Gorges vermisst.

    Ich glaube, über das GITEC-Forum ist die Doku für den Versuchsaufbau verfügbar.

    Viele Grüße
    Bert aus Stuttgart

  1. Max



    Schöner Artikel. Dass der aktuelle Marshall JTM45 “made in China” sein soll, ist aber Quatsch. Der Amp ist zwar nur zum Teil handverdrahtet (PCB), aber sehr ordentlich gemacht. Und zwar in England.

BIAS Messbuchsen sinnvolle Option

BIAS Messbuchsen sinnvolle Option

BIAS Messbuchsen an Deinem Amp = bares Geld in Deiner Geldbörse!

Diese Modifikation ist wirklich jeden Cent wert. Der Einbau kostet nicht viel und die geringen Mehrkosten haben sich schnell amortisiert.

In diesem kurzen Video zeige ich, worum es geht:

Dass nach einem Wechsel der Endstufenröhren der BIAS – also der Ruhestrom – eingestellt oder zumindest überprüft werden sollte, ist Dir sicher bekannt.
Es gibt zwar ein paar Verstärker, bei denen das nicht nötig ist, aber die sind in der Minderheit.

Von allen klassischen Modellen, die ich anbiete, betrifft das nur wenige Amps:

  • Champ
  • Tweed Princeton
  • Tweed Deluxe
  • 18W Plexi
  • 18W TMB Plexi

Der Princeton hat dabei eine Sonderstellung.
Bei ihm ist serienmäßig kein BIAS-Poti vorhanden, aber der Ruhestrom der Endröhren sollte trotzdem nach einem Wechsel kontrolliert werden.

Bias Master oder Bias Messbuchsen
Der TubeAmpDoctor Bias Master ist ein gutes Gerät, aber recht teuer.
Mit Bias-Messbuchsen wird er überflüssig.

Ideal ist die Nachrüstung eines BIAS-Potis beim Princeton – zusammen mit den BIAS Messbuchsen.

Was messen wir eigentlich an diesen Buchsen?

An den Bias-Messbuchsen messen wir die Spannung – und können sie direkt in Strom umrechnen.
Die Einheit der Spannung ist Volt, die des Stroms Ampere.

Gemessen wird die Spannung über einem 1-Ohm-Widerstand. Der hängt sozusagen am Ausgang der Endröhre.
Der gesamte Strom, der durch die Röhre fließt, fließt auch durch diesen Widerstand.

Nach dem ohmschen Gesetz R = U / I ergibt sich bei 27 mA (0,027 A):

U = R × I = 1 Ω × 27 mA = 27 mV

Wenn wir also 27 mV messen, wissen wir, dass durch die Röhre 27 mA fließen.
Der optimale Wert hängt natürlich von Röhrentyp und Verstärker ab.
Keine Sorge – die passenden Werte bekommst Du von mir, wenn ich die Modifikation für Deinen Amp durchführe.

Beim Deluxe Reverb mit 6V6-Endröhren liegt der ideale Ruhestrom zwischen 25 und 30 mV (= mA).
Damit lässt sich das problemlos einstellen, ohne tiefer in die Theorie einzusteigen.
Das Ganze ist also völlig Gitarristen-sicher 😉.

Was ist der Ruhestrom (Bias) eigentlich?

Motor-Analogie – Ruhestrom im Verstärker
Der Ruhestrom eines Röhrenamps verhält sich wie das Standgas bei einem Motor.

Der Ruhestrom ist vergleichbar mit dem Standgas Deines Motors.
Ist er zu niedrig, stottert der Motor – bzw. im Amp entstehen Übernahmeverzerrungen.
Ist er zu hoch, läuft der Amp zu heiß, die Röhren altern schneller.
Im optimalen Bereich klingt der Amp klar, dynamisch und bleibt stabil.

Du kannst den Ruhestrom auch leicht variieren:
Etwas „kälter“ eingestellt bringt mehr Punch und Headroom, etwas „wärmer“ macht den Amp weicher, aber röhrenbelastender.
Durch die Bias-Messbuchsen kannst Du damit experimentieren und Deinen Sweet Spot finden.

Mit Bias-Messbuchsen wird das Einstellen des Ruhestroms einfach, sicher – und spart Geld bei jeder Röhrenwartung.

HOT Poti – wofür ist das gut ??

HOT Poti – wofür ist das gut ??

Was ist ein HOT-Poti und wozu ist es gut?

In diesem kurzen Video zeige ich die Funktion des HOT-Potis an einem Deluxe Reverb.

Zur Einordnung: Das HOT-Poti ist nicht meine Erfindung. Die Idee kam von einem Princeton-Kunden, der sie aus einem Artikel von Udo Pipper kannte.

Herr Pipper beschrieb damals in seiner unnachahmlichen Art, wie er den Sound eines Princeton angeblich verbessern konnte – durch zwei Wochen Lagerung des Verstärkers in einem Betttuch aus dem Hotel, in dem Keith Richards 1969 zwei Latte Macchiato getrunken hatte. Ich fand das köstlich – und natürlich völlig absurd. Also haben wir’s ausprobiert. Nicht das Betttuch, sondern das Poti.

coffee latte

Wir bauten das HOT-Poti wunschgemäß in den nagelneuen Princeton unseres Kunden ein – mit hörbarem Ergebnis. Der Effekt war keine Tag-und-Nacht-Geschichte, aber man merkte etwas: der Ton wurde rauer, die Bässe etwas voller, die Endstufe zerrte harmonischer. Kein großer Umbau, aber ein kleiner Schubs in Richtung „Tweed“.

Wie funktioniert das HOT-Poti?

Kurz gesagt: Es reduziert das negative Feedback (NFB) in der Endstufe.

Was ist negatives Feedback und wozu ist es da?

Ganz ohne NFB geht es auch. Es gibt einige Gitarrenverstärker, die ohne interne Rückkopplung auskommen – der VOX AC30 zum Beispiel, oder der Tweed Deluxe.

Feedback concepts

Beide sind nicht berühmt für straffe Clean-Sounds oder präzise Bässe. Dafür sind sie bekannt für lebendige, offene Verzerrung mit vielen Obertönen. Für knallharte Palm-Mutes eher nicht geeignet, aber wunderbar für organische, reagierende Sounds.

Ein Röhrenverstärker in seiner Urform verstärkt nicht neutral – er färbt den Klang.

Er fügt dem Gitarrensignal Verzerrungen und Obertöne hinzu. Der Frequenzgang ist begrenzt. Je mehr Bass sauber übertragen werden soll, desto größer müssen die Übertrager sein. Ohne NFB lässt der Verstärker den Lautsprecher im Prinzip tun, was er will. Kontrolle im Bass? Fehlanzeige.

Für HiFi-Anwendungen war das unbefriedigend.

Auch für cleane Country-Gitarren war dieses wilde Verstärker-Biest nur bedingt brauchbar. Ziel war es, möglichst viel Clean zu bekommen – mit wenig Leistung und handlichen Trafos. Also kam das negative Feedback ins Spiel.

Das Prinzip ist einfach.

Hinter dem Ausgangsübertrager wird ein kleiner Teil des Signals abgenommen, um 180° gedreht (also negativ) und vor die Endstufe zurückgeführt. Dort vergleicht die Schaltung Eingang und Ausgang und korrigiert Abweichungen in Echtzeit. Das kostet Verstärkung – ein Amp mit NFB ist bei gleicher Einstellung also leiser als einer ohne.

HOT Poti

Warum klingt das Signal am Lautsprecher anders als das aus der Vorstufe?

Weil die Endstufenröhren verzerren. Weil der Übertrager nicht alle Frequenzen gleich behandelt. Und weil der Lautsprecher mit dem Übertrager wechselwirkt und bei jeder Frequenz eine andere Last darstellt. Kurzum: Am Ende der Kette passiert einiges – und genau das macht Gitarrenverstärker so lebendig.

Was ändert das HOT-Poti konkret?

Mit dem HOT-Poti schwächen wir die NFB-Rückkopplung ab. Das hat Folgen:

  • Der Frequenzgang wird weniger linear – technisch schlechter, klanglich oft lebendiger.
  • Die Kontrolle über den Lautsprecher (Dämpfungsfaktor) sinkt. Die Bässe werden weicher, wirken aber voller.
  • Die Gesamtverstärkung steigt, der Amp wirkt etwas lauter.
  • Nebengeräusche nehmen leicht zu, denn NFB reduziert auch Rauschen und Brummen.
  • Der Anteil der Obertöne steigt. Selbst im Clean-Bereich klingt der Amp etwas „röhriger“.
  • Der Übergang von Clean zu Zerr wird fließender. Ein NFB-Amp hält das Lautsprechersignal lange am Vorstufensignal fest; ohne NFB bricht diese Kontrolle früher auf.

Warum dann überhaupt NFB? Weil wir sonst Kontrolle, Signaltreue und Straffheit verlieren. Beides hat seinen Platz – je nach Stil und Geschmack.

Presence and Absence directions. Opposite traffic sign.Das Presence-Poti hängt übrigens im gleichen Regelkreis. Es nimmt die Höhen teilweise aus der NFB-Schleife heraus. Diese Höhen werden also nicht „eingefangen“ und können sich besser durchsetzen. Wie immer gilt: man kann nicht alles haben.

Für welche Amps lohnt sich das HOT-Poti?

Am meisten Sinn macht es bei Amps, deren Endstufe öfter an die Grenze kommt – etwa beim Princeton oder beim Deluxe Reverb. Beim Super Reverb geht es auch, aber da wird’s schnell laut. Für Marshall-Schaltungen empfehle ich es nicht: dort verliert das Presence-Poti durch die NFB-Änderung an Wirkung, und der Amp klingt zu weit weg vom Originalcharakter.

Der Artikel ist wieder länger geworden als geplant. Ich hoffe, er bringt etwas Licht ins Thema HOT-Poti, NFB und Presence. Fragen dazu beantworte ich gern – am besten mit Lötkolben in der Hand.

Vibrato oder Tremolo ?

Vibrato oder Tremolo ?

Im Video unten „Tremolo (Ceasar) Mod erklärt“ stecke ich die Gitarre in den „Vibrato“-Kanal eines Deluxe Reverbs.

Das hat für Verwirrung gesorgt. Wovon rede ich nun eigentlich?

Vom Tremolo – oder vom Vibrato?

Bei vielen Fender-Verstärkern sind die Kanäle mit „Normal“ und „Vibrato“ beschriftet. Warum Leo Fender das so gemacht hat, weiß ich nicht. Vielleicht klang „Vibrato“ einfach besser. Im Grunde ist diese Beschriftung aber falsch.

  • Vibrato ist eine Änderung der Tonhöhe
  • Tremolo ist eine Änderung der Tonlautstärke

Beim Deluxe Reverb, Super Reverb oder Twin Reverb wird die Lautstärke moduliert – also ist es ein Tremolo, kein Vibrato.

Beispiel für ein Tremolo:

Ich drehe nach dem Anschlag einfach das Volume-Poti auf und zu. Zugegeben: ein sehr primitives Tremolo.

Beispiel für ein Vibrato:

Hier benutze ich den Vibrato-Hebel an der Gitarre – die Tonhöhe verändert sich. Der sogenannte „Vibrato“-Kanal im Deluxe Reverb ist also ein klassisches Tremolo.

Wie wird das Tremolo in klassischen Gitarrenverstärkern erzeugt?

Bei Fender gab es drei Ansätze:

1. Das optische Tremolo

Vereinfacht gesagt arbeitet im Verstärker ein virtuelles Lautstärkepoti, das mit einer bestimmten Frequenz auf- und zugedreht wird. Diese Frequenz (meist zwischen 3 und 12 Hz) lässt sich mit dem „Speed“-Regler einstellen. Erzeugt wird sie von einer Oszillator-Röhre, in der Regel einer 12AX7.

LDR + Glimmlampe zur Realisierung des optischen Tremolos in Fender Amps
LDR + Glimmlampe zur Realisierung des optischen Tremolos in Fender Amps.

Die Form dieser Auf- und Zu-Bewegung ist weder Sinus noch Dreieck oder Sägezahn – sie hat ihren eigenen Charakter. Manche hören das heraus. Pedale, die ein Tremolo nachbilden, treffen diese Wellenform selten exakt, aber oft ziemlich gut. Einfache Tremolo-Pedale kommen klanglich sehr nah an das optische Amp-Tremolo heran – nicht ganz, aber weit genug.

Ob man dafür im Verstärker wirklich eine extra Röhre braucht, darüber kann man streiten. Technisch geht das heute einfacher. Fender setzt in neueren Twin Reverbs zum Beispiel Halbleiter-Oszillatoren ein, was in diesem Fall durchaus sinnvoll ist.

Probleme des optischen Röhren-Tremolos

Bekannt ist das „Ticken“ oder „Klopfen“ in vielen Fender-Amps. Außerdem belastet das Tremolo eine Signalröhre stark – der Ton kann etwas flacher werden. Der sogenannte „Ceasar Mod“ beseitigt genau das.

2. Das Bias-Tremolo

Der Klassiker dafür ist der Princeton. Auch hier arbeitet eine Oszillator-Röhre, aber diesmal wird der Bias, also der Ruhestrom der Endröhren, moduliert. Dadurch ändert sich die Lautstärke mit etwa 3–12 Hz. Das klingt meist etwas weicher und weniger tief als beim optischen Tremolo, hat aber einen schönen Nebeneffekt: Weil sich der Arbeitspunkt der Röhren ständig verschiebt, entstehen periodisch leichte Verzerrungen und Obertöne. Das klingt lebendiger und musikalischer.

Princeton mit Bias Tremolo
Princeton mit Bias Tremolo

Für meine Ohren klingt dieses Tremolo musikalischer als das optische. Es hat mehr Bewegung und Charakter – fast so, als wäre ein leichtes Vibrato dabei. Allerdings ist es empfindlicher: Falscher Bias kann das Tremolo schwächen oder sogar die Röhren belasten. Das war einer der Gründe, warum Fender bei leistungsstärkeren Amps später auf das optische Tremolo umgestiegen ist. Nur wenige Modelle in der 30–50 W-Klasse, etwa manche Brownface-Concerts, nutzten noch das Bias-Tremolo.

Röhrenverstärker mit „echtem“ Vibrato?

Eigentlich gibt es sie nicht. Es existieren aber einige interessante Annäherungen – zum Beispiel das alte Fender-Tremolo in frühen Showman-, Concert-, Super-, Pro- und Twin-Modellen oder bei manchen Magnatone-Amps. Dazu bald mehr.

Bias einstellen beim HOT ROD Deluxe

Bias einstellen beim HOT ROD Deluxe

Bias einstellen leicht gemacht !

Mit etwas Geduld und Ruhe könnt Ihr recht einfach den Bias nach einem Röhrenwechsel bei verschiedenen FENDER Verstärkern einstellen.

Besonders bei der Serie HOT ROD, also dem Hot Rod Deluxe und Hot Rod Deville, haben die Konstrukteure von Fender hier wirklich ein sehr anwenderfreundliches System eingebaut.

Im Video unten demonstriere ich den Vorgang Schritt für Schritt.

Unter dem Video gibt es noch ein paar Tips zu geeignetem Werkzeug + Messgerät und wichtigen Vorsichtsmaßnahmen zum Bias einstellen, die Ihr unbedingt einhalten solltet.

Ehrlich gesagt habe ich das System, nach dem Fender seine Verstärker ausrüstet, bisher nicht durchschaut.

Da gibt es Verstärker wie den Blues Deluxe , bei dem ich schon ein eingebautes Bias Poti gesehen habe, um dann beim nächsten Blues Deluxe wieder kein Poti im Inneren zu finden.

Dann gibt es die HOT ROD Serie, bei der dieses Bias Poti und die Messpunkte FAST immer eingebaut sind.

Wie gesagt : Fast immer.

Nicht immer.

Um also wirklich sicher zu sein ob Euer Fender dieses Poti und die Messpunkte besitzt hilft nur eines :

Netzstecker ziehen.

Hintere Abdeckung abschrauben und Ausschau halten.

OK, gehen wir jetzt davon aus, dass Euer Amp so ein Poti und so einen Messpunkt besitzt.

Dann helfen Euch eventuell diese praktischen Tipps noch ein bisschen weiter.

Ich benutze im Video ein FLUKE Multimeter. So ein teures Gerät braucht Ihr nicht.

Dieses Multimeter z.B. für etwa 19,- Euro würde es völlig tun:

Messgerät

Die Messleitungen werden in die Volt (V) und die COM Buchse eingesteckt.

Der Wahlknopf wird auf „200m“ in der Volt (V) Skale gedreht und fertig.

Im Video benutze ich einen Schraubenzieher (Schraubendreher wäre das korrekte Wort :-)..) zum Einstellen der Bias Spannung.

Der Schraubenzieher im Video ist eher suboptimal zum Bias einstellen.

Warum ?

Weil der Schaft des Werkzeuges nicht isoliert ist.

Sicherer ist ein Schraubenzieher mit einem isolierten Schaft.

Klar, dass ist Hosenträger + Gürtel, aber bei den Spannungen im Verstärker sollten wir lieber übervorsichtig sein und nicht zu lässig.

So ein Schraubendreher wäre geeigneter:

Messgerät

Bitte achtet darauf, dass der Verstärker stabil steht und nicht kippelt.

Wenn etwas umfällt neigt man oft dazu, das Gerät unterbewusst greifen zu wollen und greift dann dabei womöglich IN den Verstärker.

Das wäre nicht gut.

Bitte stellt auch kein gefülltes Bierglas auf den Amp während der Prozedur.

Ihr solltet für solche Arbeiten immer nüchtern sein.

Ich habe die goldene Regel, dass ich nach z.B. einem Feierabend-Bierchen mit meinem Bruder, oder den Jungs von der Auto-Werkstatt nebenan , NIE an angeschlossenen Verstärkern arbeite.

Bitte haltet das auch so.

Im Video hatte ich auch schon erwähnt, dass Haustiere und Kinder von offenen Verstärkern fernzuhalten sind.

Bitte beachtet das auch.

Ich denke mit den oben genannten Tips, dem Video und den Sicherheits-Hinweisen ist es recht einfach machbar, bei einem Hot Rod Deluxe oder Deville den Bias nach einem Endstufenröhrenwechsel selbst einzustellen.

Viel Spaß dabei !

 

JTM45 Power Scaling

JTM45 Power Scaling

JTM45 Power Scaling

Heute geht es in die Tiefe. Es wird technisch und an ein paar Stellen sehr detailliert. Wer nur das Fazit lesen will, kann gern nach unten scrollen.

Worum geht’s bei Power Scaling?

Power Scaling ist die Suche nach einem alten Traum: den Lieblingsamp überall spielen – bei jeder Lautstärke, ohne den Charakter zu verlieren. Der Amp soll im Proberaum, auf der Bühne und zuhause gleich vertraut klingen. Geht das?

Ein kurzer Blick zurück

Früher waren Gitarrenverstärker meist einkanalig. Es gab keinen separaten Clean- und Zerrkanal, sondern einen Lautstärkeregler für den ganzen Amp. Das Ziel der Entwickler war ein sauberer Ton. Verzerrung war kein Selbstzweck – Country, Jazz und Swing setzen auch heute noch oft auf Clean.

Altes Magazin-Cover zu Röhrenverstärkern
Als Verstärker noch als reine „HiFi“-Werkzeuge gedacht waren.

Irgendwann wurde aufgedreht. Endstufen wurden an ihre Grenzen gefahren und begannen zu zerren. Viele fanden genau das gut. Der Haken: Der gewünschte Zerrsound entstand oft erst bei hohen Lautstärken.

Leistung, Raum, Lautstärke – das Problem

Jeder Amp hat eine maximale Leistung. Ein kleiner CHAMP liefert etwa 5 Watt. Ein Plexi100 liegt um 100 Watt, ein Marshall Major bei fast 200 Watt. Bassamps wie der Ampeg SVT gehen noch deutlich darüber.

Fender Champ Combo
CHAMP – ca. 5 W Maximalleistung.
Marshall Plexi 100 Topteil
PLEXI100 – um 100 W Maximalleistung.

Mit einem 5 W-Combo lässt sich auf der Veranda ein schön angezerrter Ton bei moderater Lautstärke spielen. Einen 100 W-Plexi in denselben Bereich zu bringen, ist sozial schwierig – oder führt zuverlässig zu leerer Veranda.

Die maximale Leistung bestimmt den Einsatzbereich stark. Mit dem 5 W-Amp wird es in der Rockband selten richtig clean. Mit 100 W wird’s auf kleiner Bühne schwierig, Endstufensättigung zu hören – wenn man den Zerranteil aus der Endstufe holen will.

Die Idee liegt auf der Hand: Wenn ich den 100 W-Amp auf Knopfdruck auf „5 W“ trimmen könnte – hätte ich dann denselben Ton wie im Proberaum, nur leiser? Kurz gesagt: ja, vom Charakter her. Druck und physisches Gefühl sind eine andere Sache.

Wie funktioniert das?

Mit Power Scaling. Damit lässt sich die Leistung der Endstufe reduzieren, ohne die Kennlinie der Röhren zu verbiegen. Der Zerrcharakter der Endstufe bleibt erhalten. Beim ÜBER JTM45 kann ich die Maximalleistung bis auf etwa 125 mW herunterregeln – weniger als ein Radiowecker.

Wichtig: Wenn wir von „gleichem Sound“ sprechen, meinen wir den Toncharakter, nicht denselben Bauchdruck bei 120 dB. Ein Küchenradio kann den Slash-Sound wiedergeben – nur ohne die Luftbewegung eines 4×12-Stacks. Genau so verhält es sich hier.

Technik: Was wird geregelt?

Die abgegebene Leistung hängt im Wesentlichen von drei Punkten ab:

  • Anodenspannung und maximal lieferbarer Strom des Netzteils,
  • Eigenschaften des Ausgangsübertragers,
  • Anzahl und Typ der Endröhren.

Im JTM45 (zwei KT66 im Push-Pull) ändern wir für das Power Scaling die Anodenspannung. Gleichzeitig werden Schirmgitterspannung (UG2) und Bias mitgeführt. Nur so bleibt der Arbeitspunkt stimmig. Lösungen, die nur an der Schirmgitterspannung drehen (z. B. VVR), verschieben den Arbeitspunkt stark – das klingt bei kleinen Leistungen wie ein anderer Amp. Das baue ich nicht ein.

Vereinfachtes Röhrendiagramm
Vereinfacht: Anode, Gitter, Schirmgitter und Bias bestimmen den Arbeitspunkt.

Die Regler: Power und Limit

JTM45 Power Scaling – Potis
Die beiden Potis für das Power Scaling am JTM45.

Power: regelt die Anodenspannung der Endröhren – und führt Schirmgitter- und Bias-Spannung mit. Beispiele:

Power voll auf: Ua ≈ 430 V, Ug2 ≈ 430 V, Bias ≈ −49 V → ca. 24 W clean.

Power voll zu: Ua ≈ 13 V, Ug2 ≈ 13 V, Bias ≈ −0,6 V → ca. 125 mW clean.

Was macht das Limit-Poti?

Im JTM45 sitzt das Limit-Poti zwischen EQ (Bass/Middle/Treble) und Phasendreher (PI). Es begrenzt den Pegel, der in die Endstufe geht. Drehe ich vorne das Volume für den „Band-Sound“ weit auf, reduziere ich bei kleinerer Endstufenleistung mit Limit den Vorstufenpegel auf das, was die Endstufe bei der gewählten Leistung „gerade so“ sauber kann. So bleibt der Zerrpunkt relativ gleich – unabhängig von der Gesamtleistung.

JTM45 – stark vereinfachtes Blockschema
Vereinfachter Signalweg im JTM45. Das Limit-Poti sitzt zwischen EQ und PI.

Ohne Limit-Poti würde das volle Vorstufensignal in eine künstlich „kleine“ Endstufe laufen – das säuft ab. Mit Limit dosieren wir den Pegel passend zur eingestellten Leistung. Je weiter die Leistung sinkt, desto empfindlicher reagiert die Endstufe auf zu viel Eingangssignal.

Beispiel-Einstellungen für Power und Limit
Beispiel-Einstellungen, mit denen ich dem „Band-Sound“ über viele Lautstärken sehr nahe komme.

Das eröffnet auch andere Klänge: Leistung reduzieren und Limit weit aufdrehen – die Endstufe clippt hart, der JTM45 wird zur Fuzz-Box.

Warum kein PPIMV als „Limit“?

Ein PPIMV sitzt nach dem Phasendreher und begrenzt dort den Pegel in die Endstufe. Das könnte den Anteil eines hart gefahrenen PI erhalten. Ich lasse es trotzdem:

  1. Im JTM45 zerrt die Endstufe deutlich vor dem PI. Dessen Zerranteil geht im Gesamtsound unter.
  2. PPIMV greift in den Feedback-Loop ein. Das Presence-Poti verliert bei kleiner Leistung schnell seine Wirkung. Für mich klanglich zu wichtig, um es „stillzulegen“.

Außerdem hat PPIMV nichts mit echter Leistungsreduzierung zu tun. Es ist eher ein Weg, Vorstufen- und PI-Zerre leiser zu fahren, während die Endstufe relativ clean bleibt. Ein anderer Ansatz – klanglich nicht dasselbe wie Endstufensättigung.

Fazit

Power Scaling funktioniert. Ein JTM45 lässt sich auf die Lautstärke eines 18-Watt-Amps bringen, ohne seinen Charakter zu verlieren. Auch „Bedroom Level“ ist machbar – ob das sinnvoll ist, muss jeder selbst entscheiden.

Was bei sehr kleinen Lautstärken fehlt, ist der „Druck“. Zwei Gründe:

  1. Unser Gehör arbeitet bei niedrigen Pegeln anders (Stichwort Fletcher–Munson).
  2. Lautsprecher tragen bei großen Auslenkungen selbst zur Verzerrung bei. Bei Mini-Leistungen bewegen sie sich kaum – das klingt anders.

Praxis: Für sehr leise Situationen wähle ich gern einen Lautsprecher mit geringerer Belastbarkeit, damit er sich bei kleiner Leistung überhaupt bewegt.

Meine persönliche Lösung bleibt trotzdem simpel: Mehrere Amps – kleine und große. Den Rest erledigen Pedale.