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Vibrato oder Tremolo ?

Vibrato oder Tremolo ?

Im Video unten „Tremolo (Ceasar) Mod erklärt“ stecke ich die Gitarre in den „Vibrato“-Kanal eines Deluxe Reverbs.

Das hat für Verwirrung gesorgt. Wovon rede ich nun eigentlich?

Vom Tremolo – oder vom Vibrato?

Bei vielen Fender-Verstärkern sind die Kanäle mit „Normal“ und „Vibrato“ beschriftet. Warum Leo Fender das so gemacht hat, weiß ich nicht. Vielleicht klang „Vibrato“ einfach besser. Im Grunde ist diese Beschriftung aber falsch.

  • Vibrato ist eine Änderung der Tonhöhe
  • Tremolo ist eine Änderung der Tonlautstärke

Beim Deluxe Reverb, Super Reverb oder Twin Reverb wird die Lautstärke moduliert – also ist es ein Tremolo, kein Vibrato.

Beispiel für ein Tremolo:


Ich drehe nach dem Anschlag einfach das Volume-Poti auf und zu. Zugegeben: ein sehr primitives Tremolo.

Beispiel für ein Vibrato:

Hier benutze ich den Vibrato-Hebel an der Gitarre – die Tonhöhe verändert sich. Der sogenannte „Vibrato“-Kanal im Deluxe Reverb ist also ein klassisches Tremolo.

Wie wird das Tremolo in klassischen Gitarrenverstärkern erzeugt?

Bei Fender gab es drei Ansätze:

1. Das optische Tremolo

Vereinfacht gesagt arbeitet im Verstärker ein virtuelles Lautstärkepoti, das mit einer bestimmten Frequenz auf- und zugedreht wird. Diese Frequenz (meist zwischen 3 und 12 Hz) lässt sich mit dem „Speed“-Regler einstellen. Erzeugt wird sie von einer Oszillator-Röhre, in der Regel einer 12AX7.

LDR + Glimmlampe zur Realisierung des optischen Tremolos in Fender Amps
LDR + Glimmlampe zur Realisierung des optischen Tremolos in Fender Amps.

Die Form dieser Auf- und Zu-Bewegung ist weder Sinus noch Dreieck oder Sägezahn – sie hat ihren eigenen Charakter. Manche hören das heraus. Pedale, die ein Tremolo nachbilden, treffen diese Wellenform selten exakt, aber oft ziemlich gut. Einfache Tremolo-Pedale kommen klanglich sehr nah an das optische Amp-Tremolo heran – nicht ganz, aber weit genug.

Ob man dafür im Verstärker wirklich eine extra Röhre braucht, darüber kann man streiten. Technisch geht das heute einfacher. Fender setzt in neueren Twin Reverbs zum Beispiel Halbleiter-Oszillatoren ein, was in diesem Fall durchaus sinnvoll ist.

Probleme des optischen Röhren-Tremolos

Bekannt ist das „Ticken“ oder „Klopfen“ in vielen Fender-Amps. Außerdem belastet das Tremolo eine Signalröhre stark – der Ton kann etwas flacher werden. Der sogenannte „Ceasar Mod“ beseitigt genau das.

2. Das Bias-Tremolo

Der Klassiker dafür ist der Princeton. Auch hier arbeitet eine Oszillator-Röhre, aber diesmal wird der Bias, also der Ruhestrom der Endröhren, moduliert. Dadurch ändert sich die Lautstärke mit etwa 3–12 Hz. Das klingt meist etwas weicher und weniger tief als beim optischen Tremolo, hat aber einen schönen Nebeneffekt: Weil sich der Arbeitspunkt der Röhren ständig verschiebt, entstehen periodisch leichte Verzerrungen und Obertöne. Das klingt lebendiger und musikalischer.

Princeton mit Bias Tremolo
Princeton mit Bias Tremolo

Für meine Ohren klingt dieses Tremolo musikalischer als das optische. Es hat mehr Bewegung und Charakter – fast so, als wäre ein leichtes Vibrato dabei. Allerdings ist es empfindlicher: Falscher Bias kann das Tremolo schwächen oder sogar die Röhren belasten. Das war einer der Gründe, warum Fender bei leistungsstärkeren Amps später auf das optische Tremolo umgestiegen ist. Nur wenige Modelle in der 30–50 W-Klasse, etwa manche Brownface-Concerts, nutzten noch das Bias-Tremolo.

Röhrenverstärker mit „echtem“ Vibrato?

Eigentlich gibt es sie nicht. Es existieren aber einige interessante Annäherungen – zum Beispiel das alte Fender-Tremolo in frühen Showman-, Concert-, Super-, Pro- und Twin-Modellen oder bei manchen Magnatone-Amps. Dazu bald mehr.

Bias einstellen beim HOT ROD Deluxe

Bias einstellen beim HOT ROD Deluxe

Bias einstellen leicht gemacht !

Mit etwas Geduld und Ruhe könnt Ihr recht einfach den Bias nach einem Röhrenwechsel bei verschiedenen FENDER Verstärkern einstellen.

Besonders bei der Serie HOT ROD, also dem Hot Rod Deluxe und Hot Rod Deville, haben die Konstrukteure von Fender hier wirklich ein sehr anwenderfreundliches System eingebaut.

Im Video unten demonstriere ich den Vorgang Schritt für Schritt.

Unter dem Video gibt es noch ein paar Tips zu geeignetem Werkzeug + Messgerät und wichtigen Vorsichtsmaßnahmen zum Bias einstellen, die Ihr unbedingt einhalten solltet.

Ehrlich gesagt habe ich das System, nach dem Fender seine Verstärker ausrüstet, bisher nicht durchschaut.

Da gibt es Verstärker wie den Blues Deluxe , bei dem ich schon ein eingebautes Bias Poti gesehen habe, um dann beim nächsten Blues Deluxe wieder kein Poti im Inneren zu finden.

Dann gibt es die HOT ROD Serie, bei der dieses Bias Poti und die Messpunkte FAST immer eingebaut sind.

Wie gesagt : Fast immer.

Nicht immer.

Um also wirklich sicher zu sein ob Euer Fender dieses Poti und die Messpunkte besitzt hilft nur eines :

Netzstecker ziehen.

Hintere Abdeckung abschrauben und Ausschau halten.

OK, gehen wir jetzt davon aus, dass Euer Amp so ein Poti und so einen Messpunkt besitzt.

Dann helfen Euch eventuell diese praktischen Tipps noch ein bisschen weiter.

Ich benutze im Video ein FLUKE Multimeter. So ein teures Gerät braucht Ihr nicht.

Dieses Multimeter z.B. für etwa 19,- Euro würde es völlig tun:

Messgerät

Die Messleitungen werden in die Volt (V) und die COM Buchse eingesteckt.

Der Wahlknopf wird auf „200m“ in der Volt (V) Skale gedreht und fertig.

Im Video benutze ich einen Schraubenzieher (Schraubendreher wäre das korrekte Wort :-)..) zum Einstellen der Bias Spannung.

Der Schraubenzieher im Video ist eher suboptimal zum Bias einstellen.

Warum ?

Weil der Schaft des Werkzeuges nicht isoliert ist.

Sicherer ist ein Schraubenzieher mit einem isolierten Schaft.

Klar, dass ist Hosenträger + Gürtel, aber bei den Spannungen im Verstärker sollten wir lieber übervorsichtig sein und nicht zu lässig.

So ein Schraubendreher wäre geeigneter:

Messgerät

Bitte achtet darauf, dass der Verstärker stabil steht und nicht kippelt.

Wenn etwas umfällt neigt man oft dazu, das Gerät unterbewusst greifen zu wollen und greift dann dabei womöglich IN den Verstärker.

Das wäre nicht gut.

Bitte stellt auch kein gefülltes Bierglas auf den Amp während der Prozedur.

Ihr solltet für solche Arbeiten immer nüchtern sein.

Ich habe die goldene Regel, dass ich nach z.B. einem Feierabend-Bierchen mit meinem Bruder, oder den Jungs von der Auto-Werkstatt nebenan , NIE an angeschlossenen Verstärkern arbeite.

Bitte haltet das auch so.

Im Video hatte ich auch schon erwähnt, dass Haustiere und Kinder von offenen Verstärkern fernzuhalten sind.

Bitte beachtet das auch.

Ich denke mit den oben genannten Tips, dem Video und den Sicherheits-Hinweisen ist es recht einfach machbar, bei einem Hot Rod Deluxe oder Deville den Bias nach einem Endstufenröhrenwechsel selbst einzustellen.

Viel Spaß dabei !

 

Point to Point versus Leiterplatte

Point to Point versus Leiterplatte

Gitarrenverstärker mit point-to-point Verdrahtung sagt man besseren Ton und längere Haltbarkeit nach. Oft heißt es: point-to-point sei besser als der Aufbau mit Leiterplatte.

Stimmt das?

Früher, in den Kindertagen der Röhrentechnik, gab es nur eine Verdrahtungsart: point-to-point. Ein deutsches Wort fehlt – „Stützpunktverdrahtung“ trifft es ganz gut.

Bauteile wie Drähte, Widerstände und Kondensatoren werden an gemeinsamen Lötstützpunkten verbunden. Diese Stützpunkte können die Pins von Röhrensockeln sein, Lötleisten mit vielen Lötpunkten, Eyelet-Boards (Nieten) oder Turret-Boards (turmartige Lötstützpunkte). Das folgende Bild zeigt eine point-to-point Verdrahtung mit Eyelet-Board.

Eyelet-Aufbau Gitarrenverstärker, point-to-point
Bauteile eines Tweed-Verstärkers auf einem Eyelet-Board montiert.
Bestücktes Eyelet-Board
Eyelet-Board, bestückt und vorverdrahtet.

Alle Bauteile werden auf dem Eyelet-Board verlötet und von dort zu den Röhrensockeln geführt. Gegenüber „richtigem“ point-to-point (ohne Board, dazu gleich mehr) hat das den Vorteil, dass sich das Board vorbestücken lässt. Es wird dann ins Chassis eingesetzt und zu Sockeln, Potis und Buchsen verdrahtet.

So konnte man – ähnlich wie in der Autoproduktion – in Arbeitsschritten bauen: Eine Gruppe bestückt Boards, die andere verdrahtet sie im Verstärker.

Turret-Boards sind eine weitere Spielart. Turrets sind einfach andere Lötstützpunkte. Warum Fender oft Eyelets und Marshall oft Turrets nutzte, kann ich nicht sicher sagen – vermutlich Verfügbarkeit und Preis.

Turret-Board im 18W Chassis
Turret-Board im 18W Chassis.

Die Hardcore-Fraktion ruft jetzt: „Das ist doch kein echtes point-to-point!“ Stimmt im Prinzip. Richtiges point-to-point kommt ohne Boards aus. Bauteile werden direkt an Röhrensockel oder Lötleisten gelötet. Das ist aufwendig und verlangt Erfahrung – entsprechend teuer war die Produktion. Große Hersteller sind deshalb schnell auf Boards umgestiegen. Heute meint „point-to-point“ meist: mit Eyelet- oder Turret-Board aufgebaut.

SUN Spectrum, echter point-to-point Aufbau
SUN Spectrum mit echtem point-to-point Aufbau (ohne Board).

Nach und nach verdrängten Leiterplatten (PCB) diese Bauweisen. Bauteile werden durch die Platine gesteckt und verlötet; die Verbindungen übernehmen Kupferbahnen. Layouts entstehen am Computer, die Fertigung ist automatisiert. Für die Serienproduktion ist das sinnvoll.

Der schlechte Ruf von PCBs in Gitarrenamps hat historische Gründe. Frühe Platinen waren oft einseitig, dünn und mit schwachem Kleber – Kupferbahnen lösten sich, Verbindungen brachen. In Gitarrenverstärkern ist das kritisch:

  • Wechselnde Umgebungstemperaturen (Transport, Proberaum).
  • Hohe Innentemperaturen durch Röhren.
  • Vibrationen – besonders im Combo.
  • Feuchtigkeit im Proberaum.
  • Schwere Bauteile belasten Lötstellen und Leiterbahnen.

Eine Platine muss das aushalten. Gute, doppelseitige, durchkontaktierte PCBs tun das. Sie kosten aber mehr – und von außen sieht man die Qualität nicht.

Leiterplatte im BUDDA Amp
Vernünftige PCB in einem BUDDA Amp: doppelseitig, durchkontaktiert, große Pads.
Einfache, einseitige Leiterplatte
Einfache, einseitige Platine mit dünnem Kupfer und kleinen Pads.

Zum Vergleich rechts ein beliebter Serienamp, bei dem stark gespart wurde. Solche Geräte sind Dauergäste auf der Werkbank – gerissene Lötstellen, abgehobene Leiterbahnen.

Vorteile point-to-point

  • Lötstützpunkte sind elektrische Verbindung und mechanische Halterung.
  • Jede Lötstelle wird von Hand gesetzt. Sorgfalt vorausgesetzt, sehr zuverlässig.
  • Weniger parasitäre Kapazitäten durch freie Verdrahtung – das kann sich klanglich positiv auswirken.
Eyelet/Turret Details
Sauber angelötete Eyelets/Turrets halten mechanisch sehr gut.

Nachteile point-to-point

  • Nicht für Massenproduktion geeignet.
  • Mehr Handarbeit, daher teurer.
  • Wo Menschen löten, können Fehler passieren.

Vorteile der Leiterplatte

  • Ordentliche, reproduzierbare Struktur.
  • Schnelle, kosteneffiziente Serienfertigung.
  • Jedes Gerät ist gleich aufgebaut; enge Toleranzen möglich.

Nachteile der Leiterplatte

  • Dauerhaftigkeit hängt stark von Qualität der PCB und der Lötung ab.
  • Schwere Bauteile und Vibrationen können Leiterbahnen belasten.
  • Parasitäre Kapazitäten zwischen Bahnen können Klang und Phasenlage beeinflussen.
Einseitige Leiterplatte
Einseitige PCB: mechanisch empfindlicher.
Abgerissene Leiterbahn / Lötstelle
Typischer Schaden: abgehobene Leiterbahn, gebrochene Lötstelle.

Fazit: point-to-point vs. PCB

95 % der Gitarristen spielen störungsfrei über Amps mit Leiterplatten. Die Löttechnik – auch bleifrei – ist heute besser als früher. Hochwertige Geräte setzen auf durchkontaktierte, doppelseitige PCBs.

Mit allen Bauweisen lassen sich – richtig gemacht – gut klingende, langlebige Amps bauen. Was man bevorzugt, ist am Ende auch eine Frage der Ästhetik. Ich mag point-to-point. Meine privaten Amps sind so aufgebaut. Für eine kleine Serie würde ich wahrscheinlich sehr gute PCBs wählen – wegen Kosten-/Nutzen-Verhältnis und konstanter Qualität.

Wie seht ihr das? Erfahrungen gern in die Kommentare.

Gitarrenverstärker – pedalfreundlich ?

Gitarrenverstärker – pedalfreundlich ?

„Ich suche einen pedalfreundlichen Amp – wer kann helfen?“

So, oder ähnlich, liest man es oft in Gitarren-Foren. Dann kommen Antworten wie: „Mein Amp XY kann super mit Pedalen!“ – hilft selten weiter. Sinnvoller ist die Frage, was einen pedalfreundlichen Verstärker überhaupt ausmacht.

Was heißt „pedalfreundlich“?

  • Ein Amp soll auf einen Booster nicht nur mit mehr Zerre reagieren, sondern auch hörbar lauter werden – ohne Matschen.
  • Mit Overdrive/Distortion soll der Amp den Charakter des Pedals tragen: mehr Obertöne, mehr Dichte – aber der Sound bleibt definiert.
  • Zeitbasierte Effekte (Delay, Chorus, Phaser, Flanger) machen das Signal meist nicht lauter. Mit ihnen kommen die meisten Amps gut klar. Wer einen Effektweg hat, kann sie dort oft besser platzieren. Geschmackssache.
Electro-Harmonix Memory Toy
Mein Lieblings-Delay: klein, einfach, musikalisch.

Was macht BOD-Pedale heikel?

Boost/Overdrive/Distortion (BOD) heben den Pegel an. OD/Distortion fügen Obertöne hinzu. Das Ergebnis am Amp-Eingang ist oft lauter und komplexer zugleich.

Entscheidend ist die erste Vorstufe. Sie bringt das Gitarrensignal auf Arbeitshöhe und kann – je nach Design – schon selbst färben und leicht verzerren. Wenn dort bereits viel Gain steckt, wird das Zusammenspiel mit BOD schnell kritisch: zu viel des Guten führt zu Brei. Zwei Zerrer hintereinander zeigen das sehr deutlich – ohne Feintuning wird es schnell unkontrolliert.

Big Muff
Fuzz & Co.: macht Spaß – braucht aber den passenden Amp.

Auch die Frequenzbetonung spielt mit. Betont das Pedal z. B. Bässe und der Amp ebenfalls, addiert sich das – das Ergebnis wird schwammig. Ein Treble-Booster vor einem ohnehin hellen Amp klingt schnell zu spitz. Abhilfe: sinnvolle Tone-Regelung am Pedal und/oder am Amp.

Welche Amp-Architektur hilft?

  1. Vorstufe mit moderatem Gain. Klassische Clean/Crunch-Amps (viele Fender-Designs und ähnliche) fahren das Gain so, dass die Endstufe sauber angesteuert wird. Sie reagieren gut auf Anschlag, Volumepoti und BOD davor. High-Gain-Vorstufen mit maximaler Stufenverstärkung sind deutlich empfindlicher auf Pegeländerungen vom Pedal.
  2. Pedal mit Gain und Tone. Ein regelbarer Ausgangspegel plus effektive Klangregelung am Pedal hilft, das Voicing zum Amp passend zu formen und „zu viel des Guten“ zu vermeiden.

Praxis-Tipps

  • Gain staffeln: Am Pedal nicht alles aufreißen. Erst Level, dann Gain. Am Amp die Eingangsstufe nicht am Limit fahren.
  • EQ entzerren: Pedal-Frequenzbetonung und Amp-Voicing gegeneinander ausbalancieren (Bässe im Pedal runter, wenn der Amp untenrum stark ist, usw.).
  • Delay/Modulation: Wenn vorhanden, in den Effektweg. Vor dem Input klingt es „schmutziger“ – kann gewollt sein.

Fazit

Pedalfreundliche Amps sind meist einfach gehaltene Designs mit maßvollem Vorstufen-Gain und gutem Clean-Grundton. Dann bilden sie Booster, Overdrives und Distortions sauber ab und bleiben kontrolliert – ohne Matsch. Der Rest ist Abstimmung: Pegel, EQ und Spieltechnik.

Gitarrenverstärker und die Röhre

Gitarrenverstärker und die Röhre

Die ersten Gitarrenverstärker wurden mit Röhren gebaut und betrieben. Nicht, weil man den Klang der Röhre so toll fand – man hatte schlicht nichts anderes.

Die Röhre war das erste aktive elektronische Bauteil, das Signale verstärken konnte. Für kleine Spannungen, wie sie in Vorstufen vorkommen, wurden spezielle Vorstufenröhren entwickelt. Für die eigentliche Leistungsverstärkung kamen Endstufenröhren zum Einsatz.

Triode Schaltsymbol
Schaltsymbol einer Triode im Verstärker-Schaltplan.

Typische Röhrentypen

Vorstufenröhren:

  • 12AX7 / ECC83
  • 12AU7 / ECC82
  • 12AT7 / ECC81

Endstufenröhren:

  • EL84
  • EL34
  • 6V6
  • 6L6GC

Über die Jahrzehnte wurden unzählige Varianten entwickelt – sogar Kombinationen aus Vor- und Endstufe in einem Glaskolben. Kurz vor dem Ende der Röhrenära gab es Miniaturröhren für Autoradios.

Mit dem Aufkommen des Transistors kam diese Entwicklung abrupt zum Stillstand. Heute werden nur noch Röhren gebaut, die auf alten Konstruktionsprinzipien basieren. Für uns Gitarristen war das ein Glücksfall. Wäre der Transistor zuerst da gewesen, gäbe es Röhrenamps vermutlich gar nicht. Vielleicht hätten wir uns an den Klang von übersteuerten Transistoren gewöhnt – und Röhren würden uns heute „zu weich“ vorkommen.

Röhren im Gitarrenverstärker
Von links nach rechts: Vorstufenröhre ECC83, Endstufenröhren EL84 und EL34.

Eigenschaften der Röhre im Gitarrenverstärker

  1. Hoher Eingangswiderstand: Das Gitarrensignal bleibt unbeeinflusst, kein Tone Sucking.
  2. Gutmütige Verzerrung: Bei Übersteuerung entstehen harmonische Obertöne, die als musikalisch empfunden werden.
  3. Hohe Verstärkung: Wenige Stufen reichen, um das kleine Gitarrensignal auf Bühnenlautstärke zu bringen. Das sorgt für Transparenz und Dynamik.
  4. Robustheit: Eine Röhre steckt einiges weg. Kurzschluss am Ausgang? Kein Drama. Auch das gehört zu ihrer Faszination.

Die frühen Entwickler hielten sich eng an die Datenblätter der Röhrenhersteller. Viele klassische Schaltungen sind fast identisch mit den Vorschlägen aus diesen Unterlagen. Kreativ war das nicht – aber effizient. Auch heute wird in der Elektronikentwicklung noch oft so gearbeitet.

Beispiel: Fender Champ

Fender Champ Röhrenverstärker
Fender Champ – minimaler Aufbau, maximaler Klang.

Röhren waren teuer, also musste man sparsam mit ihnen umgehen. Ein gutes Beispiel ist der Fender Champ: eine Vorstufenröhre (unter der Blechkappe), eine Endstufenröhre (6V6) und eine Gleichrichterröhre. Dazu ein paar Widerstände und Kondensatoren – fertig ist der Gitarrenverstärker.

Der Champ ist auf unzähligen Aufnahmen zu hören. Mit seiner geringen Leistung zerrt er früh und liefert einen wunderbar singenden Ton. Lässt man die Gleichrichterröhre außen vor, durchläuft das Signal nur drei aktive Stufen – zwei in der Vorstufenröhre, eine in der Endstufe. Dazu ein paar passive Bauteile. Mehr braucht es nicht.

Wenn eine Röhre ausfällt, wird sie einfach ersetzt – wie eine Glühbirne. Eine neue rein, und weiter geht’s.

Einfacher geht es wirklich nicht.

Tone Sucking – was tun ?

Tone Sucking – was tun ?

Was tun gegen Tone Sucking?

Tone Sucking
Wenn das Gitarrensignal auf dem Weg zum Amp an Leben verliert.

„Tone Sucking“ beschreibt den Verlust von Höhen, Dynamik und Klarheit, wenn das Signal der Gitarre durch Pedale oder lange Kabel läuft. Ursache ist meist eine zu niedrige Eingangsimpedanz oder eine unpassende Last für den Tonabnehmer. Es gibt verschiedene Wege, das Problem zu minimieren.

Maßnahme 1: Pedale mit hoher Eingangsimpedanz

Pedale mit einer Eingangsimpedanz von mindestens 1 MΩ (1 Megaohm = 1.000.000 Ohm) verhalten sich wie der Eingang eines typischen Röhrenverstärkers. Damit bleibt der Ton transparent und offen.

Eine einfache Methode, um die Eingangsimpedanz grob zu prüfen, funktioniert mit einem Multimeter:

  • Ein kurzes Patchkabel in die Eingangsbuchse des Pedals stecken.
  • Das Pedal mit Betriebsspannung (meist 9 V) versorgen.
  • Multimeter auf „Ohm“ stellen.
  • Widerstand zwischen Spitze (Tip) und Masse (Sleeve) des Klinkensteckers messen.

Zeigt das Multimeter einen Wert, entspricht er näherungsweise der Eingangsimpedanz. Wird nichts angezeigt, liegt ein Koppelkondensator im Eingang – dann ist eine direkte Messung nicht sinnvoll.

Maßnahme 2: True Bypass verwenden

Pedale mit True Bypass leiten das Gitarrensignal im ausgeschalteten Zustand mechanisch am Effekt vorbei. Das Pedal beeinflusst den Ton also nur, wenn es aktiv ist. So lässt sich Tone Sucking vermeiden, solange das Pedal aus ist.

Maßnahme 3: Buffer vor die Signalkette

Ein Buffer (Pufferverstärker) simuliert am Eingang die hohe Impedanz eines Amps und liefert gleichzeitig ein niederohmiges Ausgangssignal. Damit wird das Gitarrensignal unempfindlich gegenüber Kabellänge und „saugenden“ Pedalen.

Viele moderne Tuner oder Boost-Pedale enthalten bereits einen Buffer. Wichtig ist, dass er als erstes Glied in der Kette sitzt – direkt nach der Gitarre.

Maßnahme 4: Preamp oder Booster in der Gitarre

Ein aktiver Preamp in der Gitarre bietet denselben Effekt: hohe Eingangsimpedanz, niedrige Ausgangsimpedanz. Tone Sucking ist dann kein Thema mehr. Der Preis dafür ist eine Batterie im Instrument – was viele Gitarristen nach wie vor ablehnen, Bassisten aber schon lange selbstverständlich finden.

Wie Tone Sucking technisch entsteht, ist hier beschrieben: Tone Sucking – was ist das?